Krone, Grüne, Greenpeace: Das Transkript zur Folge mit Franz Seifert (Staffel 3, Folge 3)

Wenn man sich die Statistiken anschaut zu den Einstellungen der Menschen zu Gentechnik, da ist Österreich selbst im ohnehin schon gentechnisch skeptischen Europa immer noch der Ausreißer mit der höchsten Ablehnung.

Woher kommt denn das?

Ja, ich weiß es ehrlich gesagt nicht.

Sie ist einfach da.

Also sie ist schon von Anfang an da gewesen, nämlich in den 90ern, bevor Gentechnik überhaupt in den Medien ein Thema war.

Das war für mich eine sehr, sehr große Herausforderung.

Und ich glaube, dass wir eine der interessantesten, ein interessantes Erkenntnis.

Also ich glaube, die ersten Umfragen sind aus 95 oder 94 sogar.

Und da war schon deutlich, dass es diese Ablehnung gibt.

Und das war aber zu einem Zeitpunkt, bevor die Medien da überhaupt eingestiegen sind.

Das war nämlich 96.

Da wurde dann Gentechnik groß zum Thema.

Also es ist einfach im Denken der Österreicher.

Ja, das ist natürlich auch ein sehr, sehr interessantes Thema.

Und ich glaube, das ist eine sehr, sehr interessante Frage.

Und ich glaube, das In Österreich gibt es offensichtlich eine kulturelle Präferenz für eine Art reine kulturelle, ein Naturenalverhältnis zur Naturlandschaft.

Und ich nehme an, dass es damit zusammenhängt.

Es ist ja fast eine mythische Vorstellung von Natur, von Reinheit, die es da teilweise gibt, die mit der Realität nicht so viel zu tun hat, oder?

Ja, was ist die Realität der Natur?

Also ich komme aus der Naturwissenschaft und da zerlegt sich die Realität in molekulare Systeme.

Und natürlich ist das etwas, womit der Alltagsmensch sehr wenig anfangen kann.

Es ist auch wenig zu ergeben, sich eine solche Natur vorzustellen.

Gibt es auch.

Also da gibt es zum Beispiel von Jacques Monod, Zufall und Notwendigkeit, Nobelpreisträger, in den 60er Jahren, glaube ich, hat er seine Entdeckung gemacht mit dem Laktose-Operon und daraus eine Art existenzialistische Philosophie entwickelt, die letztlich sagt, und ich glaube, dass das ein zulässiger Schluss ist aus unserer Erkenntnis der Natur, als eben aus molekularen Systemen bestehend, dass das keinen Sinn ergibt, dass diese molekulare Welt sinnlos ist und die Evolution sinnlos ist.

Also das ist natürlich, klarerweise ist das ein allgemein verbreitetes Verständnis der Natur in mythischer Art und knüpft vielleicht auch an etwas wie die deutsche Romantik an.

Die man ja wahrscheinlich erklären kann als eine Kompensationsbewegung zum Verlust von Religion und der Sinngebung durch Religion, die dann eben in der Natur wiedergefunden wird.

Also ein romantisches Naturverständnis.

Aber wie gesagt, es deutet vieles darauf hin, dass das auch historisch in der österreichischen Bevölkerung tief verwurzelt ist.

Erklären Sie mal kurz, was das ist, die deutsche Romantik und von welcher Zeit?

Das ist von Beginn des 19.

Jahrhunderts, würde ich sagen, kann man den Beginn der Romantik ansetzen.

Es gibt natürlich verschiedene kulturelle Träume, also Medien, wo man das unterschiedlich ansetzen kann.

Aber in der bildenden Kunst, Kaspar David Friedrich beispielsweise, der in Sachsen seine Wirkung entfaltet hat, Dresden und so weiter, das zeigt, da könnte man in der bildenden Kunst den Beginn der Romantik mit dem Frühen ansetzen.

Aber da geht es um kulturelle Strömungen und ein ausformulieren, ein ästhetisches Ausformulieren von Empfindungswelten und Kultivieren von Empfindungswelten.

In dem Fall halt für ein Publikum, das dieser Hochkultur tendenziell nahesteht.

Aber klarerweise geht es da, wenn wir heute von Einstellung der Natur sprechen, geht es da um ein Massenphänomen.

Ich glaube, es spricht vieles dafür, dass es kulturell gewachsen ist und einfach weit verbreitet ist in Österreich.

Ein nahes Verhältnis zur Natur.

Auch Sport, also eine frühe Alpinismusbewegung klarerweise in Österreich, sind ja letztlich Kulturtechniken, die etwas im Bewusstsein der Menschen verankern.

Und auch mit Sinngebung verbunden ist.

Das kann man ja auch auf verschiedene nationale Traditionen vergleichen.

Das ist halt in Österreich relativ stark ausgeprägt.

Spannend, mir fällt da auch der Alpenverein an und seine Opposition zu Windrädern.

Ist wahrscheinlich dann auch damit verwandt?

Denke ich schon, ja.

Wobei da vielleicht eben dieses ästhetische Element, dass auch die Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist ja einer der, wenn man so will, der Kommerzialisierung der Landschaft und der Natur über Tourismus und dass das halt das Landschaftsbild stört, dass man erwartet als Skifahrer, der halt irgendwelche oder sonstiger Alpinist, der halt eine reine Naturlandschaft vor Augen haben möchte.

Es kann also auch diese Kulissenfunktion im Hintergrund stehen und beziehungsweise auch kommerzielle Interessen, die damit verbunden sind.

Aber wenn man es jetzt vergleicht mit den USA, da gibt es ja ganz andere Empfindungen, wenn man jetzt an den Umgang mit Technologie oder mit der Natur denkt.

Naja, die USA ist sehr viel größer.

Und natürlich gibt es da auch einen romantischen Zugang zur Natur.

Zum Beispiel Henry Thoreau, 19.  Jahrhundert, also ich glaube, die 40er oder 30er, 19.

Jahrhundert, also Walden Pond, also ein Mann, der beschließt, sich zurückzuziehen und am Walden Pond, Teich, mitten in der Wildnis lebt und einen Großteil seiner Zeit damit verbringt, zur Rationalisierung, warum er das tut, aber ein Nahverhältnis eben zur Natur entwickelt.

Also diese Strömung gibt es auch in den USA.

Aber gleichzeitig sind die USA halt auch das Kernland des Kapitalismus und einer relativ gnadenlosen Ausbeutung der Natur.

Und es gibt halt dann auch riesige Gebiete, die industriell landwirtschaftlich ausgedeutet werden.

Also es gibt beides, ein Nahverhältnis zur Wildnis als auch eine gewaltige Ausbeutung der Natur.

Aber diese Strömung, dieses Nahverhältnis, zunächst einmal, das ist ja auch ein sehr, sehr wichtiges Thema, das ist halt die Natur, das ist im Westen ein Kulturgut.

Es ist halt die Frage, wie sich das dann politisch auswirkt.

Und in Österreich kann man dazu, weil Sie fragen, woher diese Einstellungen kommen, es ist halt eine Haltung, die historisch gewachsen ist und die tiefer Wurzel ist in der Bevölkerung.

Und wie sich das dann politisch auswirkt, hängt dann von konkreten Konflikten und Machtkonstellationen ab.

Die sind halt in Österreich und in den USA unterschiedlich.

Also in Österreich zum Beispiel hat eine große Rolle gespielt die Biolandwirtschaft.

Und das hat nicht annähernd die Bedeutung in den USA wie in Österreich.

Also in den USA ist das ein völliges Randphänomen.

Und in Österreich wurde das in den frühen 90ern zu einem wichtigen Faktor in der generellen Landwirtschaftspolitik und auch in der EU-Politik in der Hinsicht.

Und das ist auch der Umstand, dass die Biolandwirtschaft in Österreich so stark gefördert wurde, auch als Bestandteil der österreichischen Integration in der Europäischen Union, hat eine große Rolle dabei gespielt, dass man dann gesagt hat, also wir wollen überhaupt keine Gentechnik in Österreich haben.

Das war aber nicht auf Ebene eines öffentlichen Diskurses oder nicht so deutlich, sondern einfach schon auf der institutionellen Ebene.

Also dass man sagt, man grenzt sich ab.

Bei uns ist die Landwirtschaft anders.

Und das ist dann gleichzeitig auch die Nische, in der man sich im Markt bewegt.

Also es korrespondiert einfach auch mit einer generellen Bevölkerungseinstellung.

Also Bioprodukte kommen gut, kommen auch in anderen Ländern gut mittlerweile.

Aber Österreich hat eine Vorreiterfunktion gehabt.

Und die Politik, also auch die Regierungspolitik, sprich das war glaube ich die ÖVP mit der ökosozialen Marktwirtschaft, hat das relativ früh aufgegriffen.

Also es war nach Hainburg und mit dem Auftauchen der Grünenbewegung, also eine eben durchaus wirkmächtige politische Kraft, war halt die Frage für die etablierte Landwirtschaftspolitik, wie gehen wir damit um.

Und eine Lösung war die Förderung der Biolandwirtschaft.

Das ist ja auch eine Paketlösung, wenn man so will, mit anderen.

Man konnte auch eine Allianz mit dem Lebensmittel, Großhandelschaffen, der eben diverse Biolinien eingeführt hat.

Und diese Produkte, die halt auf eine bestimmte Art kodiert sind, sprich als reine Natur, die korrespondieren dann eben auch mit einer, wenn man so will, historisch gewachsenen Naturnähe der Österreicher, sagen wir mal so.

Also es sind verschiedene Faktoren, die einfach zusammenfließen.

Und auch dann, also zur Erklärung herangezogen, dann können wir, warum in Österreich eigentlich schon nach einer relativ kurzen Phase der Kontroverse, die über 96 im Prinzip gelaufen ist, also mit großer Involvierung der Kronenzeitung, man sehr, sehr schnell von Seiten der Politik gesagt hat, okay, wir werden versuchen, die Gentechnik aus der österreichischen Landwirtschaft rauszuhalten.

Es gab ja dann das Volksbegehren, das auch eine sehr hohe Resonanz hatte, aber man hat schon vorher gesehen, das ist einfach nicht erwünscht, das ist von der Bevölkerung nicht erwünscht.

Dann gab es eben die entsprechende institutionelle Konstellation, also selbst die Biolandwirtschaft als Liebkind einer durchaus wirtschaftsfreundlichen Landwirtschaftspolitik und die bereits geschmiedete Allianz mit dem Lebensmittelgroßhandel, der gesagt hat, wir brauchen unsere Bioprodukte.

Und wir wollen aufgrund dieser Naturnähe auf keinen Fall Kontaminationen unseres Lebensmittelsortiments durch Gentechnik.

Das war dann die Seite einer anderen wirtschaftlichen Lobby, wenn man so will, dass man schon gesagt hat, im Prinzip Anfang 97, also wir werden jetzt versuchen, die Gentechnik rauszuhalten.

Und dann hat man das eigentlich auf staatlich supranationaler, durch supranationale Politik gegenüber der europäischen, der europäischen Union durchgefochten.

Also da war dann eigentlich schon die öffentliche Debatte gelaufen.

Die wenigen Gruppen, die pro Gentechnik waren, konnten in einer solchen Situation relativ leicht marginalisiert werden.

Wer waren denn Gruppen, die pro Gentechnik waren?

Pro Gentechnik in der Landwirtschaft?

War der Bauernbund eigentlich durchaus pro Gentechnik?

Da haben wir gesagt, naja, wir können Produktion steigern und wir müssen uns die Option offen halten, also anfangs.

Und es gab einzelne Entwickler.

Also es gab einzelne quasi industrienahe Entwickler, die gesagt haben, wir würden gerne unsere Experimente machen, also unsere Feldexperimente in Österreich.

Und das sind wirklich in der gesamten Machtkonstellation das einzige Gruppen, die relativ leicht marginalisiert werden.

Oder deren Meinung geändert werden konnte.

Also wie gesagt, der Bauernbund hat auch sehr schnell seine Position dazu geändert.

Und dann gab es halt vielleicht noch allgemein sozusagen die Seite der Industrie, die gesagt hat, das ist nicht gut, wenn wir aus der Innovation aussteigen in dem Bereich.

Und da hängen ja verschiedene andere Dinge dran, die eine Zeit lang opponiert hat und auch versucht hat, Öffentlichkeitsarbeit zu machen in dem Bereich, die aber auch verleuert.

Also es war einfach, wenn man so will, eine klare Übermacht, wobei nicht nur die sogenannte Öffentlichkeit hier eine Rolle spielt, sondern eben, wie ich vorher schon angedeutet habe, eine Reihe von institutionellen Positionen, die fest verankert sind in der österreichischen Politik.

Mich erinnert das auch ein bisschen an die Debatte um das Freihandelsabkommen der EU mit den USA, TTIP, das ja dann auf Druck der Öffentlichkeit gescheitert ist.

Da gab es ja auch diese Allianzen, wenn ich mich erinnere, der Ex-Vorstand von Spar hat sich ganz laut dagegen positioniert, die NGOs, die Kronenzeitung und die Politik hat sich dann auch drauf gesetzt und war da sehr responsiv, was die Kritik betrifft.

Ja, aber bei TTIP, das ist halt eine handelspolitische Frage.

Da muss man wiederum sagen, da habe ich mal ein Vergleichsstudium Österreich-Frankreich gemacht.

Also in Frankreich war die Linke sehr stark.

Die Linke ist dort einfach sehr viel präsenter, also wenn man so die Regierungsverhältnisse darstellt, radikale Linke.

Und da war die Opposition gegen die Technik eigentlich ganz stark eben auch eine Antiliberale.

Also da wurde das gewissermaßen zum Sinnbild der Liberalen oder Neoliberalen.

Von den USA vorangetrieben in Globalisierung und so hat man das dort verstanden.

Also insofern sind solche Ähnlichkeiten und auch Übergänge von Netzwerken in andere Konfliktarenen in Frankreich, also wenn es jetzt wirklich konkret um Opposition gegen Integration des Weltmarktes über liberale Regelwerke geht, in Frankreich haben wir stärker ausgeprägt.

In Österreich ist das eher rudimentär, sagen wir mal, diese Schiene.

In Österreich klingt es, man könnte sagen, auf nationalem Niveau, aber das ist eine sogenannte NIMBY-Reaktion.

NIMBYs, also Not-in-my-Backyard-Bewegungen, lokale Bewegungen, die sagen, naja, es ist uns eigentlich egal, die Sache in globaler Dimension, also ob man jetzt Atomkraft hat oder nicht, das ist jetzt eine globale Frage.

Das ist eine globale Frage.

Das können wir nicht entscheiden.

Es ist okay, wenn das vielleicht irgendwelche anderen Länder haben, aber wir in unserem Hinterhof wollen es nicht haben.

Also solche NIMBY-Reaktionen sind sehr, sehr häufig in der Umweltpolitik, spielt eine große Rolle, sind oft sozusagen, führen zu Paradoxien, wie wir jetzt sehen können an der Energiewende.

Niemand will die Windräder haben, aber man will sie halt nicht für die Haustür haben oder man will sie nicht in der eigenen Landschaft haben als Zerstörer.

Das ist ein ganz anderes Landschaftsbild des, aber an sich will man schon regenerierbare Energie haben.

Also das sind NIMBY-Reaktionen, die halt dann zu gewissen Paradoxien führen.

Und man kann sagen, bei der Gentechnik könnte man das irgendwo, das Narrativ, wenn man so will, das analytische Narrativ für Österreich als eine nationale NIMBY-Reaktion sehen, im Vergleich zu anderen Bewegungen, anderen, ich habe jetzt viele europäische Vergleichsstudien gemacht, wo wirklich auch globale Anliegen transportiert worden sind mit der Gentechnik.

Das war in Österreich nicht der Fall.

Es war einfach, wir wollen es hier nicht haben, wir wollen es bei uns nicht haben.

Wir haben die Biolandwirtschaft und die Biolandwirtschaft wird dadurch beeinträchtigt.

Also quasi mit der großen, weiten Welt wollen wir nichts zu tun haben, da haben wir eh keinen Einfluss und bei uns zu Hause ist die Welt noch in Ordnung.

Ja, ist aber auch verständlich, weil so völlig abwegig ist diese Haltung ja nicht.

Faktor kann man ja wirklich nur im eigenen Bereich Dinge bewirken.

Ja, aber das ist, irgendwo kann man das, könnte man solche Vergleiche mit solchen Metaphern anstellen.

Also anderswo gab es viel stärkere auch Interaktionen von Bewegungen mit anderen, also mit Bewegungsvertretern von anderen Ländern und so weiter.

Also Österreich war eher eine Abwehrreaktion.

Also Schweiz, Deutschland, Österreich lange sehr weit hinten waren bei der Durchimpfung.

Ich weiß jetzt nicht mehr, wie es jetzt ist.

Aber gibt es da auch Parallelen, so diese Ablehnung von Technologie, dieser reine, gesunde Körper und braucht man keine Medizin, sondern wenn man da in Einklang mit sich und der Natur lebt, dann wird man eh wieder gesund?

Ja, wir hatten in Österreich ja das Phänomen, es gab ja eigentlich in Österreich keine Impfproblematik bis zur Pandemie.

Also ich kann mich nicht erinnern, dass das in Österreich ein Thema war.

Im Vereinigten Königreich, glaube ich, gab es diverse Ereignisse, die also die Impfung, also die schon zu einer Anti-Impf-Bewegung, also es gab international ein bisschen Anti-Impf-Bewegungen bereits, die begonnen haben vor 10, 15 Jahren oder so.

Ja, das ist ein Thema.

Aber warum das in Österreich so hochgekocht ist oder warum man das nicht haben wollte, ich weiß es nicht, ist aber eine interessante Frage.

Ich weiß nicht, ob systematisch, man müsste da wahrscheinlich sozialpsychologisch ansetzen, bereits untersucht wird.

Es sind ziemlich viele Daten produziert worden.

Ich denke, ein Teil davon könnte für solche Analysen verwendet werden.

Es ist aber eine interessante Frage.

Nur eine Sache ist schon klar, in Österreich wurde es einfach dann zum Politik.

Ja, also mit anderen Worten, die FPÖ hat sich draufgesetzt.

Ich habe mir das einmal als Neugier angesehen, so eine Demo, so eine Großdemo gegen, das war vor einem Jahr, ist das erst ein Jahr her, das war im Herbst letzten Jahres, glaube ich, da gab es diese Großdemos, kann das sein?

Und ja, und das war schon interessant, die Präsenz der FPÖ.

Ja, also die Präsenz der FPÖ, die haben sich draufgesetzt, dass sie sich gegen die Immigration und gegen diesen Komplex, das ist sozusagen ihre Kerninteressen, wie kommt die jetzt auf die Impfung?

Also haben die jemals schon was gegen Impfungen gehabt?

Und das war schon sehr offenkundig, sie setzen sich halt auf diese Impfbewegung, Anti-Impfbewegung drauf, weil es eine Oppositionsbewegung ist.

Sie richtet sich gegen die Regierung.

Und ich denke, das ist zumindest eine wichtige erklärerische Komponente.

Es mag schon sein, dass das eine Rolle spielt, sozusagen dieses Reinheitskonzept und Naturkonzept und die natürliche Immunantwort ist effektiver als das, was uns die Medizin gibt.

Aber im Grunde sind solche Widerstandsbewegungen ja Widerstand gegen Institutionen und gegen eine Art von Obrigkeit.

Das ist allgemein, ich würde sagen international, in den USA ja sehr, sehr stark rausgekommen.

Und das ist auch ein Teil, der in den USA ja auch in den USA verhandelt wird.

Und auch polemisch, wie jetzt so einfach hieß es, da geht es um, wir lassen uns nicht manipulieren, um diese Haltung.

Ja, genau.

Also eine Widerstandsbewegung gegen diese Form von, man könnte sagen, epistemischer Hegemonie eines Komplexes von Institutionen, die ganz stark auch die Wissenschaft beinhalten sehen.

Also Sie sehen da schon eine empirische Basis für die Kritik daran, wie dieser Diskurs der Wissenschaft in der Öffentlichkeit geführt wird?

Ja, das ist eigentlich ein Streitthema in den Sozialwissenschaften.

Also ich bin da ein bisschen hin und her gerissen jetzt zwischen verschiedenen Identitäten.

Ich komme ja eigentlich aus der Naturwissenschaft, bin ja eigentlich Biologe und bin dann in die Sozialwissenschaften übergegangen.

Und die funktionieren ganz anders als die Naturwissenschaft.

Die Naturwissenschaft zeigt mich schließend ergreifend der Wahrheit verpflichtet und das ist das Einzige, was mich interessiert.

Die Sozialwissenschaften sind politisch und das ist sehr, sehr oft hinter methodischen Steigigkeiten und Interpretationen.

Und eine politische Position, die in den letzten Jahrzehnten immer stärker geworden ist in der Interpretation dieses Verhältnisses, also Wissenschaft, Öffentlichkeit, Politik, das ist halt eine, die sagt, die Politik und die Wissenschaft als Machtkomplexe in einer Gesellschaft sind schuld oder sind verantwortlich, sagen wir mal so, dafür, dass es diese Widerstände gibt.

Also es ist, wenn man so will, eine kritische Haltung, die aus den 70ern kommt, aus diesen kontroversen, erst in Atomenergie und dann verschiedenste andere technologische Modernisierungsprojekte, die eben mit Widerständen dann konfrontiert waren, mit denen sie nicht gerechnet hat.

Also das ist, wenn man so will, auch eine intellektuelle Tradition, die sehr, sehr an Platz gewonnen hat dann mit diesen Konflikten um die Gentechnik.

Das ist ja eine Haltung, die man haben kann, die nicht unplausibel ist per se, weil es tatsächlich so ist, dass natürlich Wissenschaft immer wieder instrumentalisiert wird, also Expertise wird instrumentalisiert, um Projekte durchzusetzen.

Das kann man sich relativ leicht vorstellen im Fall der Kernenergie, dass halt gesagt wird von Seiten der Wissenschaft und legitimiert, naja, es sind halt Risiken, die sind vorhanden, aber wir haben es unter Kontrolle und wir haben wissenschaftliche Evidenz dafür, dass es so ist und es ist klar, dass da Interessen im Hintergrund sind.

Das ist auch nicht ganz falsch, was Sie sagen, aber man kann ebenso gut sagen, naja, wir haben hier Probleme, die wir in 500 Jahren nicht gelöst haben werden, zum Beispiel die Endlagerung oder verschiedene Risikofaktoren, die einfach heute noch nicht bekannt sind oder so.

Also, dass die Wissenschaft in Macht aufhört, Ausübung, in der Implementation einer Politik, die nicht nur vorteilhaft ist, eine Rolle spielt und Expertise und legitimatorische Herangeziehung, das ist nicht aus der Luft gegriffen.

Natürlich ist das so.

Aber die Frage, ob es eine Kausalität gibt, ob man wirklich sagt, weil das so ist, weil es diesen Machtaspekt gibt und diese Nichtneutralität der Wissenschaft, kommt es jetzt zu diesen Gegenbewegungen.

Und alle diese Gegenbewegungen haben sozusagen Recht irgendwo, ist eine andere Frage.

Es ist eine offene Frage für mich, ist aber nicht entspannend auf einer intellektuellen Ebene.

Ich tendiere dazu, zu sagen, wir haben mit diesen Widerständen bei der Pandemie und auch vor allem mit dieser starken, das ist ja nicht nur Österreich mit der FPÖ, sondern das war auch Trump oder Bolsonaro und so weiter, das sind auch die Spitzen, aber mit dieser rechtspopulistischen sozusagen Exploitation dieser weitverbreiteten Haltungen eigentlich irgendwo eine Grenze erreicht, wo das irgendwo nicht mehr funktioniert, dieses Argument.

Irgendwie haben sie ja recht mit ihrem Widerstand, auch wenn es keine unter Anführungszeichen wissenschaftliche Basis gibt, sondern irgendwo, okay, das ist meiner Ansicht nach, ich kann das einfach nur so sehen, für mich ist die Impfung ein probates Mittel zur Bekämpfung dieser Pandemie.

Und diese Bewegung ist eigentlich, das ist eigentlich nur eine riesige Irritation und ein riesiger, irgendwo ziemlich sinnloser Störfaktor.

Also so wie die es mal jetzt interpretieren.

Also das mit der Berechtigung ist immer so eine Sache, aber grundsätzlich gehöre ich wahrscheinlich einer Denkrichtung an, die sagt, soziale Konflikte sind per se nicht schlechte, sondern sie sind sowieso in einer Demokratie eine Notwendigkeit.

Und wir können aus Konflikten im Grunde sozusagen im weitesten Sinne eine dialektische Form irgendwas Positives machen.

Sie helfen dabei, Institutionen zu verändern und so weiter.

Aber wie gesagt, gerade bei der Pandemie meine ich, dass da in gewisser Weise eine Grenze erreicht worden ist, die die völlige Dysfunktionalität dieser Konflikte auch vor Augen gehört hat.

Bei der Gentechnik würde ich es nicht so sehen.

Aber das ist halt eine spezifische Sache.

Da muss man sich die konkrete, sozusagen das Modernisierungsprojekt, wogegen sich da Widerstände aufbauen, konkret im Detail anschauen.

Also eine generelle Gesellschaftstheorie, diese Art von Konflikten, die gibt es für mich noch nicht.

Es gibt diese verschiedenen Schulen, die unterschiedlich sind, aber ich würde mich selbst als Forscher oder als Intellektueller irgendwo zwischen diversen Schulen sehen und unentschieden.

Und bei der Gentechnik sehen Sie mehr Basis als bei den Impfungen?

Bei der Gentechnik ganz konkret hätte ich gesagt, ich habe kein Problem damit, dass wir in Österreich keine Industrie- und industrielle Landwirtschaft oder nicht in dem Maße industrielle Landwirtschaft haben.

Und das, was an gentechnischen Produkten da war, das war nur, also das ist verzichtbar.

Das ist gerne verzichtbar und es ist okay, wenn wir die Biolandwirtschaft haben.

Ob das jetzt rein ist, das Bioprodukt, oder meiner Gesundheit gut tut oder nicht, das ist für mich ein bisschen unerheblich.

Ich halte die Förderung der Biolandwirtschaft an sich für eine gute Entwicklung aus verschiedenen Gründen.

Das ist jetzt gar nicht so, das geht gar nicht so um die Frage der Produkteigenschaften, sondern dass es ein ganz gutes Modell ist, um verschiedene Probleme zu bearbeiten.

Also im Fall der Gentechnik meine ich, ist der Verlust Österreichs oder der Verlust auch Europas kein besonders großer, das wird es nicht haben.

Das, was immer, also dieser sozusagen Popanz, der da heraufbeschworen wird, wir verlieren den Anschluss im internationalen Wettbewerb.

Also nein, das ist nicht so.

Das ist nicht passiert.

Also wir können wirklich in Europa auf die industrielle Gentechnik in der Landwirtschaft verzichten.

Das sehe ich eigentlich in dem Fall kein Problem.

Bei der Pandemie hätte ich gesagt, nein, wir können auf die Impfung sicher nicht verzichten.

Das ist ein wichtiges Mittel, um diese Krise zu bewältigen.

Das ist was anderes.

Aber gibt es nicht mit der Genschere CRISPR und neuer Gentechnik doch das Potenzial, dass man da etwas verschläft und positive Wirkungen verpasst?

Naja, wenn die Forschung kann sich ja nicht darauf verzichten, das ist ganz klar.

Also ob wir da schon soweit sind, dass wir Produkte haben, wo wir diese Diskussion führen können, können wir darauf verzichten oder nicht, glaube ich eigentlich nicht.

Also ich sehe diese Produkte noch nicht.

Es gibt halt die Regulierungsdebatte und natürlich gibt es diese weit verbreitete Angst auf Seiten sozusagen technologiepolitischer Eliten, die genau so argumentieren, wir dürfen den Anschluss nicht verlieren und so weiter.

Wie wird denn die Bevölkerung reagieren?

Also das gibt es schon seit einigen Jahren.

Das sind im Grunde sehr spezifische Fragen.

Da muss man sich die Produkte ansehen und die Entwicklungen.

Wie gesagt, auf die Entwicklung wird man nicht verzichten können.

Dazu ist diese Methode einfach zu wichtig.

Auf die Produktentwicklung, auf die Produktentwicklung also Entwicklung im Sinne von Forschung, auf die konkrete Produktentwicklung muss man sich die Produkte ansehen, wie wichtig die sind, wie unverzichtbar die sind.

Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass es zu Widerständen kommen wird, weil ich meine, dass es schon einen Aspekt gibt in dieser Widerstandsbewegung, wenn man so will, das ist ein semantischer Aspekt.

Also es wird der Umstand der gentechnischen Manipulation als solcher, also wird zu einem Marker, um Entwicklungen und Produkte im Besonderen, die in der Natur zirkulieren können, sozusagen zu bekämpfen.

Es geht um diesen Marker.

Es geht nicht um das spezifische Produkt, sondern es geht darum, dass dieses Produkt, sprich dieser Organismus, dass dieser Organismus nicht in die Natur entlassen werden darf.

Als natürlich verstandene Natur.

Also er stört diese Natürlichkeit.

Wenn man so will, ist das ein mythischer Code, der da drinnen steckt.

Also ich habe noch nie Papers dazu gelesen, aber es ist schon so, dass die Antigen-Technik-Bewegung sehr, sehr stark mit diesem Code arbeitet.

Nicht nur stark, sondern der Code ist sozusagen Handlungsleiter.

Also die Antiebewegung macht diese Differenzierung nicht zwischen Produkten, sondern sie geht wirklich von dem Eingriff ins Erbgut aus.

Und das ist etwas, was sozusagen einen Organismus wesentlich verändert.

Und man kann sich vorstellen, dass mit CRISPR/Cas, also mit Gene-Editing hier für eine Widerstandsbewegung sozusagen neue Identifikationsprobleme auftauchen.

Also wie kann ich so einen Organismus dann überhaupt dingfest machen, dass das so ein Organismus ist?

Weil auch Veränderungen sind im Erbgut, die ja sehr oft gar nicht nachweisbar sind.

Im Gegensatz zu diesen ersten Generationen von transgenden Organismen, wo man das nachweisen konnte.

Aber wenn das neue Generationen von Organismen sind, wo ein Organismus, der sich in der Natur verhält, in solch einem Nachweis nicht mehr möglich ist, dann stellt sich die Frage: Okay, wie kann ich diesen Code einsetzen?

Der ist unnatürlich.

Das ist ein manipulierter Organismus, wenn ich das nicht mehr feststellen kann, dass der überhaupt manipuliert ist.

Aber das sind, nehme ich mal an, Probleme der Zukunft.

Und bevor es dazu kommt, nehme ich auch an, dass nach der Stärke der gegentechnischen Bewegung in verschiedenen europäischen Ländern warten die sozusagen natürlich auf diese Dinge zu tun hat.

Und da wird es wohl auch von Anfang an Widerstände geben.

Ich will mit Ihnen gerne noch zurück in die 90er Jahre gehen.

Sie beschreiben in einer Studie ein Experiment, 1996, ein Gentechnikexperiment, das zu einem großen Skandal geführt hat in Österreich.

Könnten Sie das kurz beschreiben?

Worum ging es da?

Das war, glaube ich, eine Kartoffel, die verändert wurde von einem Entwickler, für die gab es eine Art, die sich als eine Art von Karte ausgewählt hat.

Für die gab es noch keine amtliche Bewilligung, also für die Freisetzung, obwohl der Akt schon Monate vorher eingereicht worden ist.

Aber man hat sozusagen von Amtsseite gezögert, eine Bewilligung auszusprechen.

Und diese Kartoffel wurde dann im Thulner Feld ausgesetzt, glaube ich.

Wurde von Greenpeace oder Friends of the Earth, also Global 2000, äh, entdeckt und der Kronenzeitung zugespielt.

Und es gab halt diesen Skandal.

Also es war eine Gesetzesübertretung, wenn man so will, also eine Freisetzung ohne fest-, also ohne endgültige amtliche Genehmigung.

Es hat sicherlich alle möglichen Gespräche vorhergegeben, aber die Genehmigung lag nicht vor.

Und das war aufgrund der Jahreszeit für den Entwickler, unter Anführungszeichen, notwendig, das zu machen.

Und, äh, also dieser Regel-, also dieser Gesetzesübertritt wurde dann halt entsprechend skandalisiert.

Da gab es natürlich schon vorher Kampagnen, die eine entsprechende Sensibilisierung erzeugt haben.

Und man hat nur darauf gewartet, dass sowas passiert.

Und das war halt dann der große Gentechnik-Skandal in Österreich.

Und das hat dann dazu geführt, dass die Kronenzeitung mit dieser Kampagne fast wieder ein Jahr, also bis zum, äh, äh, Jahr, war zum Beispiel ein Ereignis anders, etwas anders geartet, aber wird genauso eine Öffentlichkeitswirkung gehabt.

Das war ein, ähm, ein Molekularbiologen namens Abbad Puste, der, ähm, Aussagen gemacht hat in den Medien, wonach, ähm, er nicht ausschließen könne, dass es gesundheitliche Wirkungen gibt, negative, nachteilige Wirkungen von gentechnisch veränderten Genen.

Lebensmittel.

Und, äh, dann, äh, kam es zu Repressionen gegen, gegen diesen, äh, gegen diesen Forscher.

Und, äh, was weiß ich, ähm, sein Vertrag wurde nicht verlängert oder, äh, also berufliche Repressionen, äh, er wurde pensioniert, mehr oder weniger.

Äh, und, äh, das hat dann eine enorme, einen, einen, einen Empörungssturm losgelöst.

Äh, das war, ich glaube, 1998.

Das war etwas danach.

Äh, auch hier war es ja so, dass es, äh, schon zuvor eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit gegenüber solchen Fragen gab.

An sich war Gentechnik überhaupt kein Thema.

Also diese, dieser, wenn man so will, dieser Naturkomplex, den man in Österreich identifizieren kann, oder dieses Naheselbnis zur Natur, die Biolandwirtschaft und all diese Dinge, das war in Großbritannien nicht das Thema.

Aber, ähm, es war BSE.

Also BSE, da war ja das, äh, Großbritannien das Zentrum des Geschehens.

Also, ähm, das war ein, wenn man so will, Ursprungsskandal, tatsächlich Informationen unterdrückt worden sind, ja, die, äh, die gezeigt haben, dass es hier einen Zusammenhang geben könnte zwischen der Rindererkrankung und der menschlichen Krank, äh, Erkrankung, äh, also Jakob Kreuzfeld.

Ähm, und, ähm, ähm, also diese, diese Unterdrückung von, von, von wissenschaftlichen Informationen, äh, das ist eben genau das, ja. dass es eben genau dieser Machtkomplex, der real ist, da gab es massive Interessen von Seiten der Landwirtschaft und der Industrie, dass es nicht zu einer solchen Gegenbewegung kommt und die hat genau zu diesem Skandal geführt.

Also das hat eine Sensibilisierung schon in der britischen Bevölkerung herbeigeführt und dann kam diese Geschichte mit dem Abort Buster, also mit einem, wenn man so will, einem Whistleblower, der schlecht behandelt worden ist und das hat dann in den Medien die Debatte losgetreten und hat dann zu einer massiven Antigen-Technik-Bewegung geführt.

Im Gegensatz zu Österreich waren diese Bewegungen in Frankreich, in Deutschland, in Großbritannien auch Bewegungen, die wirklich gegen Versuchsfelder vorgegangen sind.

In Österreich gab es keine Versuchsfelder, aber das waren Aktivisten, die also Felder zerstört haben und so weiter.

So, danke euch fürs Zuhören.

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Nächste Woche tauchen wir noch tiefer ein in die Ablehnung der Gentechnik in der österreichischen und deutschsprachigen Gesellschaft und da hilft uns der deutsche Soziologe Ottwin Renn, ein weltweit anerkannter Risikoforscher, der noch ein paar spannende Erkenntnisse mit uns teilt.

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Zusammengefasst: sonnenstahl.at/newsletter Danke, dass ihr diese Folge von Sonne und Stahl gehört habt und wir hören uns nächste Woche wieder am Donnerstag.

Euer Andreas